Neue Autismus-Selbsthilfegruppe für selbst- und spätdiagnostizierte Erwachsene
Drei Fragen an die Initiatorin
Woran haben Sie erkannt, dass Sie als Erwachsene von Autismus betroffen sind? Mich selber als Autistin zu erkennen, war im Grunde das Ergebnis einer jahrzehntelangen Suche nach einer stimmigen Erklärung für Probleme – wie z.B. Ängste, Erschöpfung, Probleme im Zwischenmenschlichen und dem Gefühl, dass die Welt da draußen ständig zu laut/hell/voll ist. Bei meiner Arbeit in einer Förderschule durfte ich einen autistischen Schüler kennenlernen und begleiten. Mir fiel auf, dass ich ihn und viele andere Autist*innen dort sehr gut verstehen und mich einfühlen konnte – oft ganz im Gegensatz zu den meisten Erwachsenen. Nach und nach erkannte ich dann, wie autistisch mein Sein in der Welt ist und ganz viele, bis dahin isolierte Phänomene machten auf einmal Sinn und fügten sich zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen. Dadurch kann ich mir selber mit mehr Verständnis begegnen und meinen Alltag besser bewältigen/planen.
Bisher habe ich von professioneller Seite eine Verdachtsdiagnose. Die Wartezeiten für eine professionelle Diagnostik sind sehr lang. Ich warte bisher seit 1,5 Jahren auf einen Diagnostikplatz. Nach ausgiebiger Recherche bin ich mir mittlerweile sehr sicher (wenn auch nicht 100%ig) „auf dem Spektrum“/Autistin zu sein und entsprechend selbst-identifiziert.
Was motiviert Sie, eine Selbsthilfegruppe zu gründen und wer kann an dieser Gruppe teilnehmen? Sich als Mensch verstanden fühlen und zugehörig zu anderen zu fühlen, nehme ich als wichtig und heilsam wahr. Insbesondere, wenn ein Gefühl des „Anders-seins“ viele Erfahrungen in der Vergangenheit geprägt hat und es oft schwierig ist, sich zugehörig zu einer Gruppe zu fühlen.
Mir hat es in den letzten Monaten sehr geholfen, mich mit den Erfahrungen anderer Autist*innen zu beschäftigen – real und via Medien. Zu merken, dass es anderen ähnlich geht, kann sehr hilfreich und wohltuend sein. Auch lassen sich Tipps zur Alltagsbewältigung, zum Umgang mit autistischen Besonderheiten etc. austauschen. Die Möglichkeiten professioneller Diagnostik und Unterstützung von Fachpersonen sind momentan leider noch sehr eingeschränkt. Umso wichtiger, dass sich Autist*innen untereinander unterstützen und es unabhängig von mehrjährigen Wartezeiten etc. schon Ansprechpartner*innen und Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Hier auch ein herzliches Dankeschön an die Unterstützung durch die Selbsthilfe-Kontaktstelle Bonn!
Die neue Gruppe richtet sich insbesondere an spätdiagnostizierte und/oder selbst-identifizierte Autist*innen. Es zählt also, ob eine Person sich selber als Autist*in erkennt oder dies vermutet. Es braucht keine offizielle Diagnose.
Welche Themen können in der Selbsthilfegruppe besprochen werden? Das sind sicherlich vielfältige Themen: Von Diagnostik, über Tipps für den Umgang mit sensorisch und/oder sozial herausfordernden Situationen, bis hin zu Themen wie Masking – also das Verbergen des eigenen Autismus hinter einer „normalen“ Fassade – oder Stimming/Selbstregulation und vieles mehr. Die Themen hängen am Ende ja auch vom Interesse und den Bedürfnissen der einzelnen Teilnehmenden ab.
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